Bhai Gurdas preist ihn so: „Wer die neun Öffnungen des Körpers unter Kontrolle hat, wird ein Sadhu genannt.“ Es gibt neun Tore im Körper, das sind die beiden Augen, die Nasenlöcher, zwei Ohren, der Mund und zwei unten. Solange die Seele sich durch die neun Öffnungen des Körpers mit der Welt identifiziert, kann sie sich, den Bewohner des Körpers, nicht erkennen. Verstehen Sie nun, warum ein Heiliger, der diese neun Tore des Körpers überschritten hat, von jeder Fähigkeit zur Wahrnehmung nach Belieben Gebrauch machen kann? Ein solch bewusster Mensch kann das Sprachrohr Gottes werden. …
So haben alle kompetenten Meister gesagt: „Mensch, erkenne dich selbst!“ … Es ist leicht zu verstehen, dass nur der bewusst geworden ist, der das Überselbst erkannt hat und ein Sprachrohr jener Kraft geworden ist. Andere können durch die Gemeinschaft mit ihm dasselbe erreichen. Durch die Gemeinschaft mit wem? Mit Gott! Und mit welchem Gott? Mit jenem Gott, der bereits den Körper lenkt. Nichts muss von außen dazugegeben werden. Diese Menschen sind unsere Freunde im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn wir ihnen begegnen, werden unsere Sünden weg gewaschen. …
Was tun nun solche kompetenten Meister für uns? Was raten sie uns? Die Aussagen kompetenter Meister liegen uns vor. Guru Amar Das (3. Guru der Sikhs, 16. Jh.) soll bis zum Alter von 70 bis 72 Jahren viele Arten von Yoga praktiziert haben, was uns heute nicht mehr im Einzelnen bekannt ist, doch aus seinem Leben entnehmen wir, dass seine Suche bis zum Alter von 70 oder 72 Jahren dauerte, und dass er in dieser Zeit viele Pilgerorte aufsuchte. Er hatte alles Mögliche versucht, um die Wahrheit zu finden. Und als er sie dann zu den Füßen von Guru Angad Dev (2. Guru der Sikhs) gefunden hatte, konnte er sie ganz genau in ihrer eigentlichen Bedeutung verstehen und darlegen.
So sagt Guru Amar Das: „Der menschliche Körper besitzt außerordentliche Schönheit, in dem sich der Ehemann (der Seele) offenbart.“ … Er durchdringt jeden, denn dieser Körper ist der wahre Tempel Gottes, in dem das heilige Licht scheint, doch wenn Er sich offenbart, dann ist dieser Körper außerordentlich schön, und man empfindet ihn tatsächlich als den wahren Tempel Gottes. Mit dem Segen eines kompetenten Meisters sieht man es und kann dann selbst sagen, dass dieser Körper der wahre Tempel Gottes ist. …
Die Seele kann nur dann glücklich sein, wenn sie Gott im Inneren begegnen kann. Die Frau ist nur glücklich, wenn sie mit ihrem Mann zusammen ist. Die Seele ist glücklich, wenn sie sich mit der Überseele verbindet. Man fühlt Frieden und Zufriedenheit, wenn man jemandem begegnet, dessen Seele von Frieden und Schwingung überfließt. Ein solcher Mensch führt ein ausgeglichenes Leben. Die Sphäre um ihn wird durch die Ausstrahlung seiner Gedanken getragen.
So müssen Sie verstehen, dass das Leben des Körpers und des Gemüts von der spirituellen Gesundheit abhängt. Wir geben dem Körper Nahrung und werden körperlich stark. Wir geben dem Verstand Nahrung und werden zu Intellektuellen. Welche Nahrung aber haben wir der Seele gegeben? Lesen, Schreiben und Denken sind Nahrung für den Intellekt. Es ist Nahrung für die Seele, wenn sie vom Gemüt und den Sinnen befreit und eine lebendige Verbindung im Inneren hergestellt wird. Mit Ihm in Verbindung zu kommen, ist das Brot und Wasser des Lebens. Verstehen Sie also, was Guru Amar Das meint?
Worin liegt die wahre Schönheit des Körpers? Unsere Gedanken spiegeln sich in den Augen wieder und und strahlen von dort aus. Angenommen, wir sind innerlich voller Liebe, dann leuchten unsere Augen und wir haben eine bestimmte Ausstrahlung. …
Wer zufrieden und friedvoll ist, wer mit Gott im Inneren in Verbindung steht und jedem nur Gutes wünscht, dessen Körper wird wie Jasmin duften. Verstehen Sie – es sollte Liebe und Mitgefühl da sein. Liebe verschönt alles.
Vor langer Zeit habe ich einmal ein Buch gelesen. Es handelte von einem englischen Mädchen, das von allen abgelehnt wurde und das niemand heiraten wollte. So wusste sie keinen Ausweg und zog aufs Land. Dort ging sie immer in eine Kirche und saß dort in liebevoller Erinnerung an die Gotteskraft. Nach etwa einem Jahr kam jemand und bat sie, ihn zu heiraten. Das Mädchen fragte ihn, was er denn in ihr sehe. Er antwortete, er sehe die Wahrheit in ihr. Sie entgegnete, ihr Gesicht sei doch sehr hässlich. Aber er erwiderte: „Schau dir dein Gesicht an – deine Augen haben eine ganz besondere Ausstrahlung!“
Damit möchte ich sagen, dass die Gedanken den Körper schön machen. Schauen Sie sich die Stirn und die Augen eines Heiligen an und Sie werden feststellen, dass diese ihre eigene Ausdruckskraft haben. Die Ausstrahlung der Augen der Heiligen ist von besonderer Art. … In wem sich die Gotteskraft manifestiert, dessen Seele ist voller Glückseligkeit, und er wird zum Sprachrohr Gottes. Er ist der im Menschen manifestierte Gott und kann Ihre Verbindung zu Gott, der bereits Ihr Lebensspender ist, erneuern. Haben Sie nun verstanden?
Manche Leute sagen, wir brauchen einen lebenden Meister. Andere sagen, wir brauchen keinen lebenden Meister. Doch der Meister ist einer. Wir brauchen den im Menschen manifestierten Gott und Er wird Ihnen helfen, Ihren Geist, der sich mit dem Äußeren identifiziert, wieder zu konzentrieren. In seiner Aufmerksamkeit liegt große Kraft. Er wird Ihnen helfen, damit Sie sich über das Körperbewusstsein erheben können. Er wird Ihr inneres Auge öffnen, so dass Sie selbst sehen können. Diese Kraft ist in jedem vorhanden. Jeder Heilige hat eine Vergangenheit und jeder Sünder eine Zukunft. …
Die Meister sagen also: „Wenn ihr euren Körper schön machen wollt, achtet auf eure Gedanken.“ Je größer die Zufriedenheit, je mehr Friede, je größer die Selbstzentriertheit, desto stärker wird die Ausstrahlung sein, und unser Leben wird sich wandeln. Eine besondere Bedeutung kommt den Worten zu. Wenn Luft über Schnee streift, führt sie Kühle mit sich. Das Herz, das von Liebe zu Gott überfließt und das um Frieden für die ganze Welt bittet, hat Frieden im Gemüt. Worte, die von einem solchen Menschen gesprochen werden, sind ganz von selbst geladen und sind so gefärbt, dass sie dem Zuhörer Ruhe und Gelassenheit vermitteln. Wer sein Leben nicht in dieser Richtung entwickelt hat, dessen Worte mögen noch so süß sein, sie werden die entgegengesetzte Wirkung haben.
So sagen die Meister: Der Körper ist überaus schön, in dem Gott wohnt. Damit bekommt ihr ein wunderbares Schönheitsmittel, ohne Geld dafür ausgeben zu müssen. Ändert eure Gedanken und seht, ob sich euer Leben ändert oder nicht. Zuerst werdet ihr inneren Frieden erhalten und dann auch die, die mit euch verbunden sind. …
Die Tugend der Liebe bewirkt, dass das Ego sich auflöst und wir eins mit Ihm werden. Wer von Seiner Liebe berauscht ist, verliert sein Ego. Liebe ist Gott, und die Eigenschaft der Liebe ist Losgelöstheit und Zurückgezogenheit. Wer so unter Tausenden sitzt (ist dennoch allein). Selbst von Dornen umgeben, lebt er inmitten von Blumen. Warum? Weil seine Seele diese Berauschung von der Seele des Geliebten erhält. Seine Seele ist in einer beständigen Farbe gefärbt, und diese Farbe ist die Berauschung. Die weltlichen Menschen sagen: „Welche Farbe hast du heute angenommen?“ Sie haben die Farbe der Welt angenommen: manche die Farbe der sinnlichen Begierden, manche die Farbe des Ärgers, manche sind in noch anderen Farben gefärbt. Wer aber in der Farbe Gottes gefärbt ist, ist Tag und Nacht von innerem Frieden berauscht.
Als Guru Nanak (erster Guru der Sikhs) zu König Barbar kam, trank dieser einen Becher Bhang (Haschischgetränk) und bot auch Guru Nanak einen Becher an. Doch Guru Nanak sagte: „Dies ist ein Rauschmittel – nimmt man es am Morgen, hat es bis zum Abend seine Wirkung verloren, trinkt man am Abend davon, verfliegt seine Wirkung bis zum Morgen. Ich habe ein Rauschmittel – Naam – das mich Tag und Nacht in Berauschung hält. Das ist die Berauschung der Seele.“ So versucht er uns klarzumachen, dass er in ewiger Berauschung verweilt. Dadurch verliert man sein Ego, vergisst sich selbst und aus zweien wird eins. Wenn jemand sich über das Körperbewusstsein erhebt, vergisst er mit Sicherheit den Körper. In dieser Berauschung vergessen wir den Körper und die Verhaftungen des Körpers. Dann bleibt kein Gedanke mehr an „ich“ und „du“.