Gott ist ein Meer aller Berauschung, voller Glück und Freude, und unsere Seele ist vom selben Wesen, von derselben Natur wie Er – die Widerspiegelung derselben Berauschung, des Glücks und der Freude ist auch in uns. Doch unsere Seele drückt sich in Form der Aufmerksamkeit aus, und diese wird auf so viele Arten immer nach außen gezogen und zerstreut. Wenn die Aufmerksamkeit von außen zurückgezogen und an einer Stelle konzentriert wird, werdet ihr dieselbe Berauschung in euch finden.

 Sant Kirpal Singh

Meditation

Heutzutage werden uns die verschiedensten Meditationspraktiken angeboten, die sich in ihrer Zielsetzung und Reichweite unterscheiden. Bevor man einen Schritt in die Praxis macht, ist es deshalb ratsam sich zu fragen: Warum will ich meditieren? Wohin führt mich ein bestimmter Weg? Können bestimmte Praktiken auch gefährlich sein?

Ursprünglich hatte Meditation das Einswerden mit dem Überselbst zum Ziel, während heute viele Ziele, wie Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit, Stressabbau, Gesundheit etc., zum Hauptziel der Meditation erhoben wurden. Das Ziel oder der Sinn der Meditation hängt eng mit dem Ziel des Lebens zusammen – unser Leben sollte zu einem guten Ende kommen. Es gibt die Aussage “Lerne zu sterben, damit du zu leben beginnen kannst.“ Was ist damit gemeint?

Wir sind der Bewohner des Körpers, die Seele oder das Selbst. Ihr äußerer Ausdruck ist die Aufmerksamkeit, der Strom des Bewusstseins, der dem ganzen Körper Leben gibt. Über die Aufmerksamkeit besteht die Verbindung nach außen, wir nehmen über sie die Dinge wahr, und über sie identifizieren wir uns mit der Welt. Alle Sinne wirken nur, wenn die Aufmerksamkeit mit ihnen verbunden ist. Kommt der Moment, dass wir für immer den Körper verlassen müssen, zieht sich die Aufmerksamkeit zurück und die Hülle des Körpers bleibt leer zurück.

Dieser Prozess des Zurückziehens vom Körper, der sich im Sterben vollzieht, gleicht dem Vorgang des Zurückziehens bei der Meditation –  mit dem einen Unterschied, dass bei der Meditation eine Verbindung zum Körper bestehen bleibt. Das Zurückziehen der Aufmerksamkeit vollzieht sich dabei immer gleich, von unten nach oben, bis zu ihrem Ausgangspunkt, dem Sitz der Seele am „Dritten Auge“. An dieser Stelle verlässt die Seele den Körper. Hier ist der Ort, an dem die Seele mit der höheren Kraft, die man Überselbst, Gott oder Vater nennt, in Verbindung steht – bewusst oder unbewusst.
Solange wir nach außen identifiziert sind, fühlen wir uns von Ihm getrennt. Erlangen wir die bewusste Verbindung mit Ihm während des Lebens, gehen wir mit Ihm und nicht allein.

Diesen Weg nennen die Heiligen und Meister den natürlichen Weg, im Unterschied zu den Wegen, die von Menschen erdacht sind. Diese führen in den Körper hinein, z.B. in die Chakren (Energiezentren), benützen Atemtechniken (Pranayama), oder erwecken die Kundalinikraft. Die Meister wissen über diese Wege und Techniken genau Bescheid und warnen, dass das lange, komplizierte Wege sind, für die der Mensch heutzutage nicht mehr geeignet ist, und die auch Gefahren bergen. Die Aufmerksamkeit wird dabei immer in den Körper hinein gelenkt. Das macht den Tod sehr schwierig.

Die Heiligen und Meister dagegen lehren den Weg, der über das Körperbewusstsein hinausführt und die Seele in Verbindung mit dem inneren Licht und Ton bringt. Obwohl es der natürlichste Weg ist, sollte man nicht versuchen, ihn auf eigene Faust zu beschreiten. Wenn man meditieren möchte, braucht man die Initiation oder Einweihung, um diese Erfahrung zu erhalten und sich nicht in den inneren Bereichen zu verlieren. Sant Kirpal Singh gab die Anweisung, weiter in seinem Namen die Initiation zu geben.

Wir leben in einer besonderen Zeit, in der nicht nur ein Zeitalter, sondern ein ganzer Zyklus zu Ende geht. Daher wirkt die höchste Kraft direkt, ohne dass ein äußerer Meister notwendig ist. Ob Gebet oder Meditation, diese Kraft sieht das Herz. Der innere Weg ist eine Lebensentscheidung, und Meditation ist nicht einfach eine Frage der „Technik“. Es geht darum, was uns wirklich wichtig ist und wofür wir eine vorherrschende Neigung entwickeln. Im Leben eines jeden Menschen kommen Momente, in denen Gott „anklopft“ und wir tief im Innern berührt sind. Wenn man sie festhält und sich daraus Sehnsucht entwickelt, hat man die Chance, seine Bestimmung zu erfüllen: Selbsterkenntnis und Gotterkenntnis.

Kirpal Singh: Die höchste Form des Yoga
Auf dem Weg zum höheren Bewusstsein (Interview)

Weitere Themen
Weiter