Geschichtlicher Hintergrund

Der Mensch ist älter als alle Philosophien und Religionen der Welt. Seit das Bewusstsein im Menschen erwachte, versuchten in allen Teilen der Erde und in jedem Zeitalter die Vorreiter des spirituellen Denkens – die Weisen und Seher, die Heiligen oder Mystiker –  das Rätsel des Lebens zu lösen. Sie fanden die lebendige Verbindung zu Gott oder der alles erhaltenden Kraft in sich selbst, und viele unter ihnen konnten anderen dieselbe Erfahrung vermitteln. Das war auch das Ziel von Zoroaster, Mahavira, Buddha, Christus und Mohammed, Guru Nanak und Kabir und anderer spiritueller Lehrer, die entsprechend den Umständen und Bedürfnissen der Zeit ihr Wissen weitergaben. Ihre Absicht war es nie, eine Religion zu gründen. Erst nach und nach bauten später ihre Anhänger um diese lebendige Quelle ein Geflecht aus Regeln und äußeren Ritualen, was die Menschen mehr und mehr von der Quelle und voneinander entfernte.

Kabir

In Indien war die Zeit zwischen Mitte des 14. und 15. Jahrhunderts für eine Neuorientierung des religiösen Denkens von besonderer Bedeutung. Es wurde versucht, die vorherrschenden Religionen, die in äußeren Ritualen und Dogmatismus erstarrt waren, wieder zu ihren einfachen Wurzeln zurückzuführen. Zu den bedeutenden Lehrern dieser Epoche gehören Persönlichkeiten wie z.B. Ramananda und seine Schüler, darunter Ravidas, der Schuster, und König Pipa; Vallabhacharya, der bekannte Vertreter der Krishnaverehrung, Chaitanya Mahaprabhu aus Bengalen, Namdev aus Maharashtra und die großen Heiligen Kabir und Guru Nanak im Norden. Keiner von ihnen legte Wert auf äußere Riten und Rituale, sondern sie betonten, wie wichtig innere Reinheit, allumfassende Liebe und Sehnsucht nach Gott für ein spirituelles Leben ist.

Diese Bewegung erreichte ihren Höhepunkt mit Kabir (1440-1518) und seinem jüngeren Zeitgenossen Guru Nanak (1469-1539). Obwohl sie mit ihrer universalen Sichtweise die herrschenden Schranken zwischen den Religionen überschritten, respektierten sie alle Heiligen Schriften, Religionen und ihre Oberhäupter und wurden so von Hindus und Moslems gleichermaßen verehrt.

Sie waren Vertreter des Surat Shabd Yoga, dem Yoga des Tonstroms oder der Verbindung mit dem Heiligen Wort. In den Veden wird es Sruti genannt, in den Upanishaden Naad or Udgit, in den Evangelien Heiliger Geist, der Prophet Mohammed nennt es Kalma, die Sufis Saut, in Sikhschriften wird von Shabd oder Naam gesprochen. Plato und Pythagoras erwähnen die Musik der Sphären, die Theosophen die Stimme der Stille.

Nach Guru Nanak gab es eine fortlaufende Reihe von Meistern, den Sants, die ihren Schülern die Verbindung mit Naam, dem Wort, geben konnten und so dieses Wissen lebendig erhielten. Im 18. und 19. Jahrhundert lehrten Tulsi Sahib, Soamiji, Baba Jamail Singh (1838-1903) und Baba Sawan Singh (1858-1948) diesen Weg.

Sant Kirpal Singh

Im 20. Jahrhundert war Sant Kirpal Singh (1894-1974) der herausragende Vertreter des Surat Shabd Yoga.  Es ist ein rein geistiger Weg, der nicht mit Körperübungen verbunden ist, daher wird er auch Yoga der Aufmerksamkeit oder Sehaj Yoga, der natürlichste Weg, genannt.

Baba Sawan Singh hatte Sant Kirpal Singh beauftragt, eine Plattform zu schaffen, wo die Menschen zusammenkommen können, unabhängig davon, welcher Religion sie angehören. So entstand unter dem Namen Ruhani Satsang (spirituelle Versammlung) der Sawan Ashram in Delhi, und Sant Kirpal Singh hatte bald Schüler aus aller Welt. Hier verbrachten viele aus dem Westen Aufenthalte, um unter seiner direkten Anleitung zu meditieren und seine Vorträge (Satsangs) über Spiritualität zu hören.

1957 wurde Sant Kirpal Singh zum Präsident der Weltgemeinschaft der Religionen gewählt. Nachdem er sich in dieser Funktion über 14 Jahre lang für den interreligiösen Dialog eingesetzt hatte und man über einen gewissen Rahmen nicht hinaus kam, entschloss er sich, seine Bemühungen um Einheit auf eine breitere Basis zu stellen.

So berief er im Februar 1974 die erste große “Weltkonferenz zur Einheit des Menschen” ein. Diese Konferenz war der Beginn der Bewegung Unity of Man. In seinem letzten Rundbrief umriss Sant Kirpal Singh die Ziele der Bewegung und brachte zum Ausdruck, dass die weitere Arbeit nicht mehr unter dem Namen Ruhani Satsang stehen würde.

Unity of Man Konferenz 2007

Nach Sant Kirpal Singh führte ab 1974 in Seinem Auftrag Dr. Harbhajan Singh zusammen mit seiner Frau unter dem Namen Unity of Man die Arbeit weiter, in deren Zentrum das Projekt Kirpal Sagar im Punjab steht. Hier wird Sant Kirpal Singhs Konzept der Manav Kendras, Zentren für den Menschen verwirklicht, in denen der Mensch nicht nur in seiner physischen und intellektuellen Entwicklung, sondern auch spirituell gefördert wird.  In Kirpal Sagar fanden 1994 und 2007 zwei weitere Weltkonferenzen statt. Kleinere, regionale Konferenzen mit verschiedenen religiösen Vertretern werden jährlich organisiert. Das Projekt Kirpal Sagar wird ständig weiter ausgebaut und steht allen Menschen offen.

Kirpal Singh: Unity of Man
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