Tod und Vergänglichkeit

Alles, was wir um uns herum sehen, gleicht einer Mauer aus Sand, die nicht lange steht. Sobald das Wasser trocknet, zerfällt sie. Es heißt: „Die Welt ist nur ein Traum – das Spiel eines Jongleurs.“ Nur kurze Zeit währt das magische, unwirkliche Spiel.

Sant Kirpal Singh

Auszug aus einem Vortrag Sant Kirpal Singhs im Sawan Ashram, Delhi:

Die Materie unterliegt dem Wandel, und der Körper und die Welt, die aus Materie zusammengesetzt sind, verändern sich ebenfalls. Wenn zwei Dinge gleichzeitig einen relativen Wandel durchlaufen, bemerkt man es nicht. Ich habe oft versucht, dieses Phänomen durch ein Beispiel zu erklären: Angenommen, ein Boot treibt in einem Strom mit der Fließgeschwindigkeit des Wassers, dann hat der, der im Boot sitzt, das Gefühl, das Boot bewege sich nicht. Steht aber jemand am Ufer, so kann er klar erkennen, dass sowohl das Boot als auch das Wasser sich in der gleichen Geschwindigkeit fortbewegen.

Mit anderen Worten: Aus reinem Mitgefühl richtet eine erwachte Seele unsere Aufmerksamkeit auf unser trauriges Schicksal. Weil wir aber im mächtigen Schauspiel der Materie gefangen sind, hören wir nicht auf ihren Ruf. Wir halten die physische Gestalt für Wirklichkeit und denken, wir würden für immer in der Welt leben. Alle großen Seelen machen uns jedoch klar, dass die Welt unbeständig ist, während die Seele etwas Beständiges ist – wahr, ewig und unwandelbar.

Das Mahabharata Epos spielt darauf an, als Yaksha König Yudishtra fragt: „Was ist das Seltsamste in der Welt?“ Seine Antwort war: „Tagtäglich sehen wir um uns herum Menschen sterben. Freunde und Verwandte tragen ihre sterblichen Überreste zum Friedhof oder Verbrennungsplatz und zünden den Scheiterhaufen mit eigenen Händen an. Und dennoch denken die Menschen, sie selbst würden niemals sterben.“ Es ist schon seltsam – welche Ironie! Alle, ob gebildet oder ungebildet, reich oder arm, hoch oder niedrig leiden unter der gleichen Täuschung.

Was lehren uns die Heiligen? Lernt, wie man sich über den „Tabernakel des Fleisches“ erhebt, und ihr seid fähig, alles in der richtigen Perspektive zu sehen. Ihr erkennt dann das sich ständig wandelnde Panorama des Lebens und versteht die Wahrheit, die in den Schriften niedergelegt ist: Unbeständig ist die Welt, aber ewig die Seele. Alle großen Seelen, die von Zeit zu Zeit in die Welt kamen, bemühten sich, unsere Aufmerksamkeit auf diese Wahrheiten zu lenken. Ob sie es nun durch die Mantras der Veden in Sanskrit ausdrückten, oder persisch oder arabisch sprachen – die Essenz ihrer Lehren war immer dieselbe: Diese Welt ist kein Ort, an dem wir für immer bleiben können.

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