Auf dem Weg zum höheren Bewusstsein

Radiointerview mit Sant Kirpal Singh, Waltham, USA, 14.10.1972
Moderator: Jay Richard Turner von der Siddhartha Foundation

Sant Kirpal Singh

Sant Kirpal Singh: Der Mensch ist das Höchste in der ganzen Schöpfung – alle Schriften spre­chen voll Achtung von ihm, denn nur im menschlichen Körper und in keiner ande­ren Form können wir unsere Aufgabe erfüllen: uns selbst und Gott zu erkennen.

Jay Turner: Ist das der Pfad der Meister?

Sant Kirpal Singh: Der Pfad der Meister auf dem Weg zu höherem Bewusstsein besteht darin, als Erstes sich selbst als bewusstes Wesen zu erkennen. Die Seele ist ein Tropfen aus dem Meer allen Bewusstseins. Alle Meister der Vergangenheit sagten: „Mensch, erkenne dich selbst“ – wer wir sind, was wir sind. Wir sind bewusste Wesen, wir haben den menschlichen Körper, die höchste Form in der ganzen Schöpfung, und so können wir uns selbst erkennen. Solange ein Mensch sich nicht selbst er­kennt, kann er das höhere Bewusstsein nicht erfahren. Sich selbst zu erkennen ist eine praktische Sache, die unter Beweis gestellt wird.

Wie erkennt man sich selbst? Das liegt nicht auf der Ebene der Gefühle, Emo­tionen oder Schlussfolgerungen. Es ist allein eine Sache der Selbstanalyse, sich selbst und Gott zu erkennen. Man kann höheres Bewusstsein nur erfahren oder sich in höheres Bewusstsein erheben, wenn vorher unser eigenes Bewusstsein von allen äußeren Umhüllungen befreit worden ist. Wie man sich über das Körperbe­wusstsein erhebt, ist also eine Sache reiner Selbstanalyse. Alle Meister, die in der Vergangenheit kamen, haben eine praktische Demonstration gegeben, und auch heute kann man diese Erfahrung erhalten.

Wenn nun der Mensch sich tatsächlich über das Körperbewusstsein erhebt, dann weiß er, dass eine Kraft ihn im Körper überwacht. Der menschliche Körper ist der wahre Tempel Gottes, wir leben in ihm und ebenso die höhere Kraft, die im Körper über uns wacht. Es gibt so viele Öffnungen im Körper: Augen, Ohren, Na­se, Mund und die beiden unteren, aber dennoch können wir nicht einfach den Körper verlassen. Eine Kraft kontrolliert uns im Körper. Dieses Bewusstsein kommt erst, wenn wir uns selbst erkennen, indem wir uns über das Körperbe­wusstsein erheben. Dieses höhere Bewusstsein erhalten wir, wenn wir uns ins Jen­seits erheben. Ins Jenseits erhebt man sich, wenn die Aufmerksamkeit von außen und vom Körper unten zurückgezogen wird und sich zum Sitz der Seele im Körper erhebt, der hinter (und zwischen) den beiden Augenbrauen liegt. Wenn man dort ankommt, ist es so, wie der heilige Plutarch sagt: „Wenn der Mensch in die Ge­heimnisse des Jenseits initiiert ist, macht die Seele die gleiche Erfahrung vom Verlassen des Körpers wie beim Tod.“ Das ist keine Sache der Vorstellung, Ge­fühle oder Schlussfolgerungen. Es ist allein eine Sache der Selbstanalyse: sich über das Körperbewusstsein zu erheben und sein Selbst zu erkennen; zu erken­nen, dass das Selbst der eigentliche Mensch ist, der den ganzen Körper unten be­wegt und belebt und die Fähigkeit hat, die äußere Welt wahrzunehmen. Das ist der Schritt, den ein Meister uns immer als Erstes lehren muss.

Wenn wir also unser Selbst erkennen, wenn wir erkennen, dass diese Kraft uns überwacht, die alles Bewusstsein ist, (erkennen wir), dass wir ein Tropfen von dem Ozean allen Bewusstseins sind. Der Makrokosmos ist im Mikrokosmos. So haben wir (mehrere) Körper, mit denen wir auf verschiedenen Ebenen wirken können. Wir haben den physischen Körper, dessen wir uns bewusst sind. Wenn wir uns darüber erheben, haben wir den astralen Körper, mit dem wir in der astralen Welt wirken können. Auch darüber müssen wir uns erheben – dann haben wir den kausalen Körper, mit dem wir in der Kausalebene wirken können. Und wenn wir alle diese drei überschreiten, erheben wir uns in die spirituellen Ebenen, die rei­nes Bewusstsein sind. Die drei Ebenen darunter bestehen nicht aus reinem Bewusstsein, sondern das Bewusstsein ist dort mit Materie unterschiedlichen Grades gemischt. Wahres Bewusstsein kommt also, wenn der Mensch sich über den phy­sischen, den astralen und den kausalen Körper erhebt. Wenn er sich soweit er­hebt, erlebt er das, wie wenn ein Tropfen Wasser sich mit anderem Wasser ver­mischt. Das ist etwas, das man nur erfahren kann, man kann es nicht mit Worten ausdrücken. Man kann nicht einmal alle Gefühle, die man auf der weltlichen Ebe­ne empfindet, in Worten ausdrücken. Wie kann das Bewusstsein – das All-Bewusstsein ist – mit Worten beschrieben werden? Das ist nur intellektuelles Rin­gen, möchte ich sagen, das nur zu einem gewissen Schluss kommen lässt, was es (das Bewusstsein) ist und was es nicht ist.

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