Es kommt mit Gewissheit der Zeitpunkt, dass wir den Körper verlassen werden. Der Körper ist nichts Dauerhaftes, er besteht aus Materie. Materie besteht aus Elementen und Atomen; sie setzt sich aus vielen Bestandteilen zusammen, die sich einmal wieder voneinander trennen werden. Materie unterliegt der Veränderung. Wir wohnen in diesem menschlichen Körper. Wir sind nicht der Körper selbst, sondern sein Bewohner. Was sind wir? Bewusste Wesen. Dieses bewusste Wesen oder unser wahres Selbst, wie wir es auch nennen können, besteht nur aus einer Substanz – aus Bewusstsein. Was nur aus einem einzigen Bestandteil besteht, kann natürlich nicht geteilt oder aufgelöst werden, es besteht für immer und ist unveränderlich.
Sant Kirpal Singh
Der innere und der äußere Mensch
Grundlegender Vortrag von Sant Kirpal Singh in Franklin, USA, 11.10.1963
Die Religionen wurden vom Menschen zu seiner moralischen und spirituellen Entwicklung geschaffen. Sie wurden für den Menschen geschaffen, nicht der Mensch für sie. Man schließt sich einer Religion an, um Gott zu erkennen – das ist das höchste Ideal des Menschen. Mit dem menschlichen Körper haben wir eine goldene Gelegenheit erhalten, denn nur in ihm kann man Gott erkennen, in keiner anderen Form. So sind wir alle hier glücklich zu nennen, dass wir den menschlichen Körper haben, und wir haben uns auch verschiedenen Religionen angeschlossen, um das Ziel des Lebens zu erreichen. Wir sollten jetzt prüfen, wie weit wir diesem Ziel, das wir uns gesteckt haben, näher gekommen sind.
Es kommt mit Gewissheit der Zeitpunkt, dass wir den Körper verlassen werden. Der Körper ist nichts Dauerhaftes, er besteht aus Materie. Materie besteht aus Elementen und Atomen; sie setzt sich aus vielen Bestandteilen zusammen, die sich einmal wieder voneinander trennen werden. Materie unterliegt der Veränderung. Wir wohnen in diesem menschlichen Körper. Wir sind nicht der Körper selbst, sondern sein Bewohner. Was sind wir? Bewusste Wesen. Dieses bewusste Wesen oder unser wahres Selbst, wie wir es auch nennen können, besteht nur aus einer Substanz – aus Bewusstsein. Was nur aus einem einzigen Bestandteil besteht, kann natürlich nicht geteilt oder aufgelöst werden, es besteht für immer und ist unveränderlich. Aber der Körper, den wir tragen, ändert sich jeden Augenblick unseres Lebens. Es heißt, dass sich sämtliche Zellen unseres Körpers innerhalb von sieben Jahren erneuern. Das gesamte Universum besteht ebenfalls aus Materie, die sich mit derselben Geschwindigkeit verändert wie die Materie, aus der unser Körper besteht. Gott aber ist reines Bewusstsein, das nur aus einer Substanz besteht und deshalb nicht zerfallen oder aufgelöst werden kann, es ist ewig. Gott ist also ewig, unwandelbar, und da unsere Seele wesensgleich mit Gott ist, ist auch sie ewig. Doch der Körper, den wir tragen, unterliegt dem Wandel.
Sie werden feststellen, dass alle Meister dasselbe sagten, jeder in seiner Sprache. Soami Ji sagt uns: “Oh Seele, du bist die Essenz von etwas, das ewig ist.” Ähnliches steht im Guru Granth Sahib: “Wir sind der Geist im Menschen. Der Geist ist unsterblich, warum haben wir Angst, dass wir sterben müssen?” Wir sind also auch ewig, unsterblich. Da unsere Seele Bewusstsein ist, ist ihre wahre Heimat natürlich das reine Bewusstsein, die wahre Heimat unseres Vaters. Doch die Seele wurde von Gemüt, Materie und Sinnen umgeben und identifizierte sich so sehr damit, dass wir nun nicht mehr zwischen uns selbst und unserem Körper unterscheiden können. Der Körper verändert sich. Wir haben uns mit dem Körper identifiziert, und nun denken wir, wir seien unsterblich. Das aber ist ein Abglanz des Göttlichen in uns. Wir denken nicht ans Sterben. Die Seele kann niemals sterben, aber eines Tages wird sie den Körper verlassen. Unsere alltägliche Erfahrung zeigt uns, dass unser Körper so lange funktioniert, wie wir darin leben, und wir leben darin, solange uns eine lenkende Kraft im Körper hält.
Der menschliche Körper ist ein wunderbares Haus, in dem wir leben. Er hat neun Öffnungen: zwei Augen, zwei Ohren, zwei Nasenlöcher, den Mund und zwei weitere unten, aber trotzdem können wir ihn nicht verlassen. Es ist ein wunderbares Haus, in dem wir leben. Der Atem geht nach draußen und wird wieder in den Körper zurückgestoßen, er kann nicht draußen bleiben. Es gibt eine Kraft, die ihn in den Körper zurückholt. Diese lenkende Kraft wird mit verschiedenen Namen benannt: Gott – und so vielen anderen Namen.
Im menschlichen Körper können wir also Gott erkennen, aber zuerst einmal müssen wir unser eigenes Selbst erkennen, denn nur die Seele kann Gott erkennen. Nur Gleiches kann Gleiches erkennen. Wie ich jedoch bereits sagte, sind wir so sehr mit Gemüt, Materie und den Sinnen identifiziert, dass wir nicht zwischen uns und unserem Körper unterscheiden können. Wir sagen zwar: “Ich bin nicht der Körper, ich bin nicht der Intellekt, ich bin nicht die Lebensströme (Pranas)”, aber sind wir in der Lage, uns selbst zu analysieren? Wir sagen: “Das ist mein Mantel, das ist meine Uhr, das ist mein Hut.” Sie können diese Dinge ablegen, wenn Sie wollen. Wir sagen auch: “Das ist mein Körper.” Können wir ihn aber ablegen? – Eines aber können wir beobachten: dass ein Zeitpunkt kommt, an dem man den Körper verlassen muss und er zum Friedhof getragen wird, entsprechend dem Brauch der jeweiligen Religion. Was ist es also, was diesem Körper Leben gibt – das, was wir sind? Alle Meister sagen, dass diese Welt vergänglich ist, sie besteht nicht für immer. Wir alle unterliegen einer großen Täuschung: die Gebildeten ebenso wie die Ungebildeten, die Alten wie die Jungen, die Reichen wie die Armen. Und warum unterliegen wir dieser Täuschung? Weil wir uns nie selbst erkannt haben. Wir sind die Bewohner des Körpers. Er besteht aus Materie und ändert sich ständig mit derselben Geschwindigkeit, mit der sich die ganze Welt (um uns) verändert. Da wir uns mit dem Körper identifiziert haben, der sich mit derselben Geschwindigkeit verändert wie die ganze Welt, erscheint es uns, als sei er unwandelbar. Es ist so, wie wenn Sie in einem fahrenden Zug sitzen und ein zweiter Zug mit derselben Geschwindigkeit neben ihm fährt – das passiert manchmal. Man meint dann, beide Züge würden stehen, obwohl sie in Wirklichkeit beide gleich schnell fahren. Das ist also die Täuschung, aus der wir herauskommen müssen.
Guru Nanak sagt: “Solange wir uns nicht selbst erkennen, unterliegen wir alle einer großen Täuschung.” Wie können wir uns aus dieser Täuschung befreien? Sie müssen nur wissen, wie Sie den Zug verlassen können. Wer den Zug verlässt, sieht, dass der Zug sehr schnell fährt. Das ist also die Täuschung, in der wir uns alle befinden. Alle Meister, die in der Vergangenheit kamen, hatten als Leitmotiv: “Erkenne dich selbst!” Christus sagte es, ebenso Guru Nanak; es steht in den Upanishaden, und ebenso heißt es bei den alten Griechen: “Gnothi seauton.”
Die Meister kamen also, um die Menschen zu erwecken: “Oh Mensch, du hast dich so mit dem Körper, den Sinnen und den Vergnügungen identifiziert, dass du dich selbst vergessen hast.” Der menschliche Körper ist der höchste in der ganzen Schöpfung – in ihm können Sie sich selbst erkennen. Wie? Indem Sie den Bereich der Täuschung verlassen – durch Selbstanalyse, indem Sie sich über das Körperbewusstsein erheben. Wie macht man das aber? Das ist der entscheidende Punkt! Wir werden eines Tages den Körper verlassen, und zwar alle – ohne Ausnahme. Aber wenn wir jetzt lernen, wie man den Körper verlässt, dann ist dieses Rätsel des Lebens gelöst. Wenn wir wissen, wie wir den Körper verlassen können, werden wir die Kraft erkennen, die uns im Körper erhält und lenkt. Wir werden dann zum bewussten Mitarbeiter am Göttlichen Plan. Das sagen alle Meister. Maulana Rumi sagt: “Oh Seele, du bist ein Bewohner der wahren Heimat deines Vaters, die unveränderlich und ewig ist, und hängst doch in Staub und Materie fest. Warum wachst du nicht auf?” Weiter sagt er: “Es ist eine Schande für euch,” – er benutzt das Word “Schande” – “obwohl ihr Söhne und Töchter Gottes seid, seid ihr weit von eurer Heimat entfernt, euer Gemüt und eure Sinne haben euch weit von eurem Vater weggebracht.
Dort wo ihr seid, in der Fremde, vergesst ihr eure Heimat völlig. Erinnert euch also an eure Heimat und denkt daran, wer ihr seid!” Wie können wir das? In den Schriften finden wir: “Werdet still und erkennt, dass ihr Gott seid!” Wir sind Geist im Menschen, wir sind bewusste Wesen, doch wir sind so sehr mit dem Gemüt, dem Körper und den Sinnen identifiziert, dass wir uns selbst vergessen haben. Ein Heiliger sagte: “Ihr habt ein schlimmes Verbrechen an euch selbst begangen.” Was für ein Verbrechen? Ihr seid der Bewohner des Körpers und habt diesen Bewohner vergessen: euch selbst! Was wir jetzt tun, tun wir auf der Ebene des menschlichen Körpers. Wenn ihr ein kleines Kind, das drei oder vier Jahre alt ist, fragt: “Wer bist du?”, macht es nur große Augen und öffnet den Mund. Es empfindet etwas hinter der Stirn. Wenn man diesen Menschen Jahre später fragt, wer er sei, wird er sagen, er sei Herr Schmidt oder Herr Müller, er sei Deutscher, Österreicher, Franzose oder Inder. Er hat dann vergessen, wer er ist. Das ist Täuschung. Ihr könnt es auch Vergessen oder Unwissenheit nennen, und diesen Zustand müssen wir überwinden. Das geht nur, indem Sie sich analysieren (Ihr Selbst von Ihrem Körper trennen).